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Aus der Kreiszeitung Wesermarsch vom 14.11.12 von klaus-günter oetting
Vier Fotos sind von Wolf-Peter Höhne, Wattführer aus Tossens
Die beiden Zeichnungen aus Heimat am Jadebusen von Adolf Blumenberg (Rüstringer Heimatbund)

Exkursion in die Vergangenheit

Stollhamm.
Ein historischer Strauchdamm im Stollhammer Watt, mehr als 160 Jahre alt, war jetzt das Ziel einer fast 20-köpfigen Gruppe von Archäologen, Geologen und Wattökologen. Und tatsächlich: Obwohl er über Jahrzehnte den Gezeiten und zahlreichen Sturmfluten ausgesetzt war, sind Reste des Damms bei Ebbe noch heute zu erkennen.

Weideland war kostbar in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts. Die Bauern am Jadebusen haben deshalb ihr Vieh quer durchs Watt auf die Reste der damals höher gelegenen Oberahneschen Felder getrieben und im Winter wieder aufs Festland geholt.

Der damalige Baudirektor Friedrich Lasius plante deshalb 1839 den Bau eines Strauchdamms, über den die Rinder getrieben werden sollten. 15 Jahre später wurde er realisiert – sechs Kilometer lang, 1,6 Millionen Mark teuer. Bis 1885 wurde der Damm von den Pächtern der Oberahneschen Felder genutzt und unterhalten. Das hat Dr. Wolfgang Meiners, Leiter der Umweltstation in Iffens, in alten Unterlagen herausgefunden. Dort startete jetzt die Exkursion.

Ursprünglich hatte der Damm auch den Zweck, Teile des Stollhammer Watts einzudeichen. Doch mit dem Bau des Kriegshafens Ende des 19. Jahrhunderts in Wilhelmshaven war die Neulandgewinnung verboten worden. Damit war der Untergang des Dammes und auch der Oberahneschen Felder besiegelt. Immerhin wurden sie bis 1936 beweidet.

In Vergessenheit geraten

In der Folgezeit geriet der Damm, dessen Lage von Küstenforscher Heinrich Schütte (1863-1939) ausführlich dokumentiert und kartografiert worden war, in Vergessenheit. Bis 1976. Dr. Hermann Michaelis, damals Biologe an der Forschungsstelle Küste auf Norderney, entdeckte Reste des Damms bei Feldforschungen im Stollhammer Watt.

Der inzwischen pensionierte und in Rotenburg/Wümme lebende Wissenschaftler hat herausgefunden, dass der Damm 60 bis 70 Jahre lang unter Sedimenten verschwunden gewesen und durch Veränderungen der Strömungsverhältnisse in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wieder freigelegt worden ist. „Das Holz war noch gut erhalten. Man konnte sogar die Baumuster noch erkennen“, erinnert sich Dr. Hermann Michaelis.

Holzproben entnommen
Wieder Jahre später berichtete er einem niederländischen Kollegen von dem Damm, der anderthalb Jahrhunderte überdauert hat. Dr. Karel Essink ist Wissenschaftler an der Universität Groningen und gehört der Stiftung „Verdronken Geschiedenis“ (Versunkene Geschichte) an. Der Niederländer war neugierig geworden und lud jetzt zu der Exkursion ein, an der mit Dr. Wilfried Heiber auch ein Mitarbeiter der Niederlassung Brake im Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) teilnahm.

Vor Ort stellte die Gruppe fest, dass weite Teile des Damms erneut unter Sedimenten zu verschwinden drohen. „Das Holz ist teilweise verrottet und mit Muscheln bewachsen“, sagte Dr. Hermann Michaelis. Welches Holz für den Bau verwendet worden ist, das soll nun eine Untersuchung zeigen. Die Niederländerin Yvonne Nijlunsing ist Expertin für Analyse von Holzmaterialien. Sie nahm eine Probe aus dem Watt mit.

Ob sich die Wissenschaft darüber hinaus noch mit dem Damm beschäftigen wird, ist offen. „Wenn sich dazu jemand berufen fühlt, muss es bald geschehen“, sagte Dr. Hermann Michaelis angesichts der fortschreitenden Sedimentierung.

Im Meer versunken
Die Oberahneschen Felder wurden nach der Zweiten Marcellusflut im Jahr 1362 von Butjadingen abgetrennt. Auf einer historischen Karte sind neun Inseln verzeichnet, von denen vier bewohnt waren: Oberahnesches Feld, Holtwarder Feld, Schoeffe Hörn, Über Saphuser Heite, Zwischen Heiten, Das Große Feld, Sibsen Warf, Dickgraffe und Wehl Ort. Die Inseln versanken teilweise nach der Burchardiflut 1634 und der Weihnachtsflut 1717.

Artikel vom 14.11.12 - 12:00 Uhr
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