Nach einem Treffen zur Küstenkultur in Hambur im Februar 2006 habe ich Lust bekommen, den Text zum Mythos vom nassen Tod zu überarbeiten. Viele Vorträge und Führungen zu diesem Thema habe ich seit 1989 gemacht und einiges kann ich sicherlich besser erklären. Die Lücken sollen gefüllt werden und für die Zeichnungen suche ich Hilfe. Wer es eilig hat, möge sich bitte per e-mail melden und nachfragen. Auch sind Kommentare und Ergänzungen willkommen. |
Einleitung:
Naturkatastrophen und menschliche
Dummheit -
Grundlagen des ökologischen Blickwinkels
Als Ersatz für einen Buchklappentext: DER MYTHOS VOM NASSEN TOD oder: Versuch der Demontage eines Mythos Gegen Märchen und Mythen ist nun wirklich nichts einzuwenden: Es sei denn, sie transportieren Geschichtsverfälschung und Zerrbilder der Wirklichkeit. Dieses Buch untersucht einige Zentral-Mythen der Küste und versucht, ein wenig am Fundament einer neuen, notwendigen Ökologie der Küste mitzuarbeiten. Der Mythos von der raubenden See: Die Vulgärversion, aufgekocht in duzenden Festschriften und Küstenbüchlein, will wissen, dass die Nordsee stets mordbereit und unersättlich ihren Landhunger stillt. Tatsache ist, daß die Nordsee das Land vor der eiszeitlichen Sandküste aufbaute, und daß sie sich selbst den Weg ins Binnenland verbaute. Erst der Mensch lud sie zu Übergriffen ein. Der Mythos vom nassen Tod: Die Menschen ertranken nicht schicksalhaft, sie wurden ertränkt. Die großen Sturmfluten konnten nur deshalb verheerend wirken, weil die Menschen die Fähigkeit verloren hatten, mit den Naturkräften zu leben. Der Mythos der Deiche: Jahrhunderte lang bewohnten und nutzten die Friesen das Land ohne Deiche. Die Deiche, die schließlich die Phase der Küsten-Sommerweide ablösten, hatten die Katastrophe gewissermaßen eingebaut. Deiche verdarben die Böden, stehendes Wasser in Küstennähe wurde zur Brutstätte für Malaria. Die Mücke rottete die Urbevölkerung aus: Friesland wurde Zuzugsland. Der Mythos der reichen Marsch: In dem Maße, wie das Marschland nicht mehr "aquatisch" war, ließen sich Besitzgrenzen festlegen. Grenzen ermöglichten Herrschaft, Herrscher schafften den Reichtum außer Landes. Den Abglanz von Frieslands Reichtum finden wir heute noch in Herrensitzen auf der Geest und in den küstennahen Städten wie Oldenburg und Bremen. Ein neuer ökologischer Mythos ? Auch unsere Deiche, auch unsere Landwirtschaft programmieren die Katastrophe. Was lässt sich aus den Erfahrungen der Frieslande für eine Ökologie der Küste lernen? Horst Stern hat einmal gesagt, die einzig akzeptable Grundlage für Tierliebe sei Wissen. Das lässt sich, meiner Meinung nach, weiterfassen: Heimatliebe, soll sie nicht tümelnd und raunend sein, muß auf Fakten gründen. "Der Mythos vom nassen Tod" ist keine Schmähschrift gegen die Alten, sondern ein Plädoyer für Arrangements mit der Natur. Und hier lässt sich in der Tat von den Alten lernen, ohne daß deshalb einer spätromantischen Technikvergessenheit das Wort geredet werden muss. |
Zwei Personen, Otto und Emil sind schlecht angezogen in einen Regenschauer geraten, wurden durchgeregnet und haben sich erkältet. Otto sagt, ein schlimmes Unwetter habe ihm die Gesundheit geraubt. Emil sagt, er habe dummerweise Mantel und Regenschirm vergessen, und sich erkältet. Würden beide wieder in einen Regenschauer geraten, dann hätte Otto sich in der Ausrede (Naturgewalt-Tätigkeit) geübt, Emil hätte aber Schirm und Mantel dabei. Oder: Die Schlagzeile Glatteis forderte ein Todesopfer bedeutet, entkleidet man sie ihrer schwammigen Ideologie: Der Autofahrer hatte noch nicht gemerkt, daß es Winter geworden war und war noch nicht vorsichtig genug gefahren. Oder: Solange alle Rheinanlieger in Köln und Koblenz die Hochwasserfluten in ihren Kellern für Naturkatastrophen halten, wird sich die Firma Schnur & Gerade, Spezialistin für Flußbegradigungen, Gewässerverbau und Bodenversiegelung im Rheinoberlauf in Sicherheit wiegen und ohne Angst vor Regressansprüchen weiter Überschwemmungs-Katastrophen inszenieren. |
Vorteile bei der Küstenbesiedlung | Probleme an der Küste |
Herscherloses Gebiet | Mangel an Trinkwasser |
Nahrung aus der See | kein Brennholz |
Nahrung aus der Luft | kein Bauholz |
Schafhaltung möglich | feuchtes Klima (Rheuma) |
Nutzbare Salzpflanzen | kein Anbau von Süßwasserkulturen |
schiffbare Prile | Bedrohung durch Sturmflut |
Seewege und schiffbare Prile | Tidehochwasser und Springflut |
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