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    Das Gymnasium in Nordenham hat 100 - jähriges Jubiläum gefeiert.
    Einige AbsolventInnen wurden aufgefordert etwas dazu zu schreiben.
    Hier ist mein Beitrag:

    Dr. Wolfgang Meiners
    Umweltstation Iffens

    Gedanken zu den persönlichen Wurzeln einer Ökopädagogik

    Bis 1966 war ich am Gymnasium in Nordenham. Erst 10 Jahre später begann ich über Schule und Lehre, Ausbildung und Pädagogik nachzudenken. Während meiner Promotion vollzog ich den Seitenwechsel vom nur Lernenden zum auch Lehrenden als Assistent am Lehrstuhl für Analytische Chemie der Uni in Freiburg.
    Die 68-Revolte war vorbei und die ersten Umwelt - Schocks bremsten die Euphorie der Wirtschaftsaufschwünge. Die toten Rinder bei der Bleihütte in Nordenham machten mich sehr unruhig, weil ich doch die Wohnungen und den Kindergarten im Bleistaub kannte. Und weil ich doch in der Schule nur von dem Segen der Technik und der glorreichen Zukunft der Atomkraft (die noch nicht Kernkraft hieß) gehört hatte.

    Die Universität hatte um 1975 noch Freiräume, in denen Selbstorganisation, Begeisterung und Experimente leicht möglich waren - und von vielen StudentInnen auch genutzt wurden. In dieser Zeit hatte ich also Chancen mit Bildung, Unterricht, Medien und der vermeintlich neuen Ökowissenschaft herumzuexperimentieren.
    Das Ergebnis sind viele Konzepte zur (Umwelt-) Bildung, zur Schule als Institution, viele Vorträge zu Sinn und Ziel des ökologischen Denkens und Lernens und letztlich viele konkrete Beispiele zur Umsetzung dieser Ideen in die Praxis. (http:// www.umweltstation-iffens.de/titel5.htm) Die ausgearbeiteten Konzepte zu Ökopraktikum und Ökoführerschein sind in dieser Zeit entstanden.

    1978 haben wir die Umweltstation Iffens gegründet, ich war wieder in Butjadingen und konnte Erfahrungen als Schullehrer machen. 2 ½ Jahre habe ich in Varel am Lothar Meyer Gymnasium unterrichtet. An der Hochschule Bremerhaven konnte ich Vorlesungen geben und an der Landesfeuerwehrschule Bremen habe ich heute noch einen Lehrauftrag.
    Erst in dieser Zeit erinnerte ich mich an die Schulzeit im Gymnasium Nordenham. Sonst war nur die "Neben"- Schulzeit wichtig gewesen, die Pausen, die Klassenfahrten, die AG´s, die Freundin(nen), die Tanzschule, die Busfahrten, das Theater, die Feier im Ruderclub, das Schachspiel oder das Schwimmen im Hallenbad in Bremerhaven.

    Das "Prinzip Schule" habe ich versucht zu verstehen, meine Erfahrungen und un(ter)bewussten Prägungen in der Zeit als Schüler am Gymnasium Nordenham waren dabei sicherlich sehr wichtig, und so sind Modelle, Thesen. Konzepte und Vorschläge für einen konkreten ökologischen Unterricht entstanden.
    Etwa 12 Jahre lang war das allgemeine Interesse an einer Umweltpädagogik sehr groß. Die Zeitschriften "LehrerService" und "Öko-Päd" waren Plattform für etwa fünfzig aktive und motivierte AutorInnen und viele tausend LeserInnen. Es gab etwa 50 Umweltstationen in Deutschland und wir haben sehr viele schöne Erfahrungen im Kreise der NGO (nicht staatliche Organisationen) in der Zusammenarbeit mit Schulen sammeln können. Grenzen zwischen Schule und außerschulisch sowie Landes- und Länder- Lerngrenzen wurden ignoriert, gegenseitiges helfen und experimentieren war wichtig.

    Prägt nun Schule die Gesellschaft, oder umgekehrt?
    Dieses Rätsel wird wohl nicht zu lösen sein. Jedenfalls ist die damalige Öffnung der Schule seit etwa 1990 zurückgegangen.
    Die Konsumgesellschaft hat in ihr Schulsystem einige Öko-Feigenblätter eingebaut, aber ökologisches Denken (Ökobilanzen, nicht-monetäre Wertsysteme, Vernetzung, Teamprinzipien, etc) nicht akzeptiert. Die regelmäßig auftauchenden Reformvorschläge (PISA) verschwinden in der Kultusbürokratie, die öffentliche Kritik wird als Einmischung und Beleidigung empfunden.

    Dem Kontrollsystem ("der Schulrat, der Direktor, kommt") und dem Zwang zur Einzelleistung (Sitzen bleiben) habe ich sicherlich den erfolgreichen Schulabschluss zu verdanken, aber auf andere Art habe ich es gar nicht ausprobieren können.

    Für das Grundprinzip des ökologischen Lernen und Lebens, für das Ausprobieren und die Alternativen habe ich mich seitdem eingesetzt. Das bedeutet zusammen mit FreundInnen in der Umweltstation Iffens mit vielen PraktikantInnen (auch vielen PädagogInnen) sehr viel lernen, lehren und leben. Daran habe ich viel Spaß und bin froh, dass die Wertschöpfung der deutschen Umwelttechnik (überwiegend Export) solch hohe Werte erreicht hat. Es werden dringend UmweltexpertInnen gesucht und in den Hochschulen gibt es heute bereits viele Qualifikationen. Schule ist etwas langsamer, aber ich bin sehr optimistisch, dass die tatsächlich vorhandene Flexibilität der Schule auch wieder ökologische Prinzipien brauchen und lehren kann.

    So bin ich noch dabei, über den schönen Merksatz: "Nicht für die Schule, - für das Leben lernen wir" nachzudenken, und ich will nicht akzeptieren, dass Schule etwas anderes sein soll als Leben. Diesen Optimismus habe ich sicherlich auch in den zehn Jahren im Gymnasium Nordenham gelernt.


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