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LEBEN MIT GIFT

also available in english 
Dies ist ein Skriptum zu einem Vortrag, es ersetzt den Vortrag nicht, sondern hilft beim Erinnern und bei eigenen Vorträgen.

 Diesen Vortrag halte ich recht oft vor sehr verschiedenen Zielgruppen. Das Thema ist universell und betrifft jeden Menschen.

Für diese Internetfassung habe ich eine Tabellenstruktur verwendet, Text und Bild ( 30  Overheadfolien) sind etwa
dem Vortragsverlauf entsprechen zugeordnet.
Zusätzlich werden viele Objekte verwendet, die ich während des Vortrages zeige und kommentiere.


Dies ist eine Geschichte über die Wirkung von Giften.
Gifte nennen wir chemische Stoffe in unserem Körper, die wir dort nicht haben wollen. Nun besteht unser Körper selbst aus chemischen Stoffen und er ist auf sehr viele verschiedene Stoffe angewiesen um, leben zu können. Das ist zunächst erst mal sehr unübersichtlich, weil es sehr viele unterschiedliche chemische Stoffe in unserer Umgebung gibt. Es sind auch viele dabei, deren Wirkung wir nicht wünschen. Deswegen hat uns die Entwicklung unserer Biologie viele Tricks mitgegeben, um uns vor ungebeten chemischen Stoffen und deren Effekten zu schützen.
Chemie ist leicht zu verstehen
Die Wissenschaften von den Giften, die Toxikologie ist leider nicht leicht verständlich. Das liegt aber nicht an dem komplizierten Thema, sondern an der Geschichte der Toxikologie, die zur Zeit der Alchemie durch viel Zauberei mystifiziert wurde. Später war die Giftkunde ein Nebenfach der allgemeinen Arzneimittelkunde (Pharmakologie) und wegen der vielen medizinischen Formulierungen nicht allgemeinverständlich. Dieser Text ist entstanden für die Aus- und Fortbildung der Feuerwehr und für die innerbetrieblichen Weiterbildung von ArbeitnehmerInnen in Gewerbe und Industrie, die mit gefährlichen Chemikalien zu tun haben. grosser Kreislauf
Aus dem Ökosystemdenken habe ich ein einfaches Modell abgeleitet, mit dem wir die Giftkunde vielleicht einfach verstehen können:
Ich vergleiche die Giftstoffe, die in das Ökosystem Mensch eindringen mit Fremdstoffen, die in ein anderes komplexes System eindringen. Solche Systeme sind zum Beispiel eine Produktionsfirma, ein Krankenhaus eine Schule oder eine Feuerwache.

 Die Betrachtung teilen wir in vier Teilaspekte auf:

 1. Wie schützt sich der Organismus vor dem Eindringen ungebetener Substanzen ?
2. Wie kontrolliert der Organismus den Stoffaustausch ?
3. Welche Wirkungen können ungebetene Substanzen im Organismus zeigen, wenn sie hineingelangt sind ?
4. Wie schützen sich Organismen gegen Fremdstoffe, die in sie hineingelangt sind ?

Produktionskreislauf
Dieser Text ist eine parallele Geschichte, die ich mit geeigneten Objekten und Folien vortrage.
Im Text sind die Parallelen durch den Schrifttyp abgesetzt.
Die Vergleiche sind oft sprachlich nicht perfekt zu formulieren. Uwe Hillmann hat die Zeichnungen zum Text gemacht. Das sind oft Bildfolgen, die in Stufen entstehen und auf dem Projektor spannender sind als hier im Text.

 Als LeserIn musst du dir also einen Vortrag denken! Dieser Text ist als Gedächtnishilfe, für einen bessere Erinnerung an den Vortrag, zu verstehen.

Die spezielle Wirkung einzelner Stoffgruppen ist in diesem Vortrag immer nur angedeutet, damit die Übersicht über das gesamte Feld der Toxikologie erhalten bleibt. In vielen Büchern sind einzelne chemische Gifte (z.B.: bei Max Daunderer) ausführlich portraitiert. 

Biokreislauf
Betriebsgelände Hier beginnt jetzt unsere Geschichte zum LEBEN MIT GIFT.
Lies den Text einmal mit der roten Farbe, dann mit der grünen Farbe.

 Die Vorstellung über die Wirkung von Giften und über den Schutz vor Giften wird erklärt am Beispiel von ungeliebten fremden
Stoffen für den Menschen: schau in den Spiegel, auch Du hast eine Haut nach außen, einen Mund zum Stoffaustausch, ein organisches Innenleben und eine biologisch eingebaute Krankheitsabwehr.
Personen für einen Produktionsbetrieb, die Zeichnung mag anders aussehen als der Betrieb oder die Schule in der wir uns gerade befinden, aber es ist immer das gleiche Prinzip

Werkszaun

Erster Teil: Die Begrenzung

 Der Organismus hat einen Abgrenzung nach außen. Er schützt sich damit gegen alles, was ungewünscht von außen eindringen könnte. Durch die Haut / den Werkszaun
werden alle üblichen Dinge abgewehrt, die nicht unkontrolliert in den Organismus eindringen sollen. Die bisherige Erfahrung, also
die biologische Evolution / ein ausgebildeter Architekt
hat die Begrenzung so ausgelegt, dass sie mit möglichst geringem Aufwand ihre Aufgabe erfüllt.

Kneifzange 1. Auslegung der Festigkeit

 An manchen Stellen ist die Beanspruchung der Begrenzung besonders hoch, deswegen ist sie hier stärker ausgelegt:
Hornhaut, Fingernägel
Leitplanken, doppelter Zaun, höherer Zaun

 2. Verletzung

 Oft ist die Festigkeit der Begrenzung für ungewöhnliche Einwirkungen nicht gut genug, eine Verletzung ist möglich:
Ein Messer schneidet ein
Eine Kneifzange macht Löcher

Absperrung 3. Reparatur

 Reparaturmaßnahmen sind vom Organismus einzuleiten. Im vierten Teil wird darauf nochmals eingegangen:
Hautrötung zeigt bessere Durchblutung an, Eiter wird abgeschieden / Bautrupp kommt mit Werkzeug

 Schnelle vorläufige Schutzhilfen erleichtern die Beseitigung der Wunde:
Heftpflaster / Absperrung

Zaun wird repariert Mögliche Eindringlinge wie z.B.:

 Bakterien, Schmutz / Spaziergänger, Störenfriede

 werden dabei gleichzeitig abgewehrt.

gealterter Zaun 4.Pflege

 So eine Begrenzung bringt natürlich auch Probleme mit sich:

 Haut kann altern, austrocknen und reißen
Der Zaun kann rosten und brechen

 Ständige Pflege beugt vor und regelmäßig wird über kleinere Bereiche die Begrenzung erneuert.

Maus freut sich 5. Schutzlos 

 Probleme gibt es auch mit solchen Stoffen, Dingen oder Gegenständen, die die Begrenzung durchdringen, ohne merkliche Verletzungen zu hinterlassen.
Viele Chemikalien sind hautresorptiv, Benzin, Aromatische Kohlenwasserstoffe, Alkohol, Pestizide usw. tragen das Gefahrensymbol "h" für hautresorptiv.
Mäuse oder Wespen werden durch normale Zäune nicht abgewehrt, auch eine Wolke mit Nitrosen Gasen aus dem Unfall des Nachbarbetriebes durchdringt den Werkszaun.

 6. kurzzeitige Verstärkung

 Wenn bekannt ist, welche ungewöhnlichen Belastungen für die Begrenzung des Organismus zu erwarten sind, kann zusätzlicher Schutz angebracht werden. Der zusätzliche Schutz ist nach bisherigen Erfahrungen ausgelegt, diese Erfahrung kann die Gefahr auch falsch eingeschätzt haben: der Schutz kann überdimensioniert oder auch zu schwach sein.
Handschuhe gegen Kälte, Schmutzwasser, Chemikalien, Hitze. Schürzen, Bleischürzen, Schutzanzüge, Nackenschutz.
Absperrungen, Pfostenverstärkung.

die Spuren der Täter


Zweiter Teil: Stoffaustausch

 Die Begrenzung schützt den Organismus, aber er muss am Leben in seiner Umgebung teilnehmen, er ist zwangsläufig mit anderen Organismen ökologisch vernetzt. Die Begrenzung ist also gezielt durchlässig. Besondere Einrichtungen kontrollieren aber den Austausch:
Der Mund ist durch die Sinne geschützt. Wenn wir einen Stoff dem Mund nähern melden unsere Tastsinne Informationen, die Augen bewerten den Stoff, unmittelbar vor dem Mund meldet die Nase mit dem Geruchssinn ob der Stoff verdächtig riecht. Das Tastgefühl der Lippen, das Kaugefühl, die Geschmackskontrolle wird ausgeführt und an das ganz nahe gelegen Gehirn weitergemeldet. Dort werden die Informationen gesammelt, korreliert und bewertet.
Das Werkstor ist durch einen Wächter geschützt. Er hat eine Fernsehkamera, besonders gute Übersicht, einige Telefone, eine Alarmeinrichtung und eine schnelle Meldeleitung an die Firmenzentrale.

 Wird ein eindringender Stoff als verdächtig erkannt, so gibt es Gegenmaßnahmen:
Mund zu, Atem anhalten / Tor zu.

 Die Kontrolle an der Durchlassstelle ist jedoch in fünf Fällen problematisch:

schnarch 1. Das Unerwünschte wird nicht bemerkt:

 Kohlenmonoxid ist geruchlos.
Person schleicht unter dem Fenster entlang.

 2. Das Unerwünschte tarnt sich, ist mit den Üblichen verwechselbar.

 Bleicarbonat schmeckt wie Zucker, Blausäure riecht wie bittere Mandeln.
Ausweise sind gefälscht und die Störenfriede tragen dieselbe Arbeitskleidung wie die Werkszugehörigen

 3. Fremdes kommt in zu großer Menge und zu schnell

 Gaswolke von Methylisocyanat, giftiger Brandrauch.
Massendemo oder Bus mit 60 Leuten am Werkstor.

zu Risiken und Nebenwirkungen 4. Das Fremde kann sich in der großen Menge von Bekanntem verstecken

 Die Fischgräte, der Kirschkern oder viele Pilzgifte sind nicht früh genug erkennbar, weil sie mit anderen Speisen durchrutschen.
Im Feierabendstrom verbergen sich einzelne Fremde

 5. Die Wachfunktion ist lahmgelegt

 Schmerzen, Schnupfen, starkes Rauchen, Alkohol betäubt die Sinne.
Schwefelwasserstoff wirkt betäubend und riecht dann süßlich.
Der Pförtner schläft.

an einem schönen Sonnentag

Dritter Teil: Wirkungen im Inneren

 Nun ist es passiert, die fremden, ungewünschten Stoffe sind in den Organismus eingedrungen. Sechs unterschiedliche Wirkungen sollen betrachtet werden:

 1. Harmlose Stoffe

 Die Stoffe stören den Innenbereich nicht, sie werden nicht bemerkt, richten keinen Schaden an und verlassen bei günstigen Gelegenheiten genauso unbemerkt den Innenbereich.

einzelne Kirschkerne, Sand, Plazebo-Mittel
einzelne Spaziergänger.

walk on the wild side Die harmlosen Fremdstoffe werden jedoch problematisch, wenn deren Menge zu groß wird, dann erst erkennen wir sie also:

 sehr viele Kirschkerne (heil!) essen
viele Leute stehen auf den Verkehrswegen herum

die Ruhe vor dem Sturm 2. Allgemeines Chaos

 Einige Fremdstoffe richten unspezifischen geringen Schaden an. Der Organismus merkt, dass Irgendetwas nicht stimmt, aber der normale Betriebsablauf ist nicht gestört.

 Mensch fühlt sich unbehaglich, Schlafstörungen, Verdauungsschwäche, nicht so fit, Kreislauf nicht voll belastbar, Konzentrationsschwäche. Das sind alles allgemeine Störungen des Wohlbefindens, derentwegen kaum jemand zum Arzt geht. Und auch der Arzt wird "unspezifische Zivilisationskrankheit" diagnostizieren.
Ein Fremder hängt die Bilder an den Wänden schief, baut einen Türgriff ab, lockert ein Treppengeländer, legt den Teppich in Falten, nagelt fünf Fenster zu, klaut das Klopapier und sägt an den Stühlen ein Bein kürzer. Der Betrieb läuft weiter, kleine Störungen schrecken nicht, alle stellen sich der Herausforderung, trotzdem weiterzumachen.

 Erst bei erhöhter Leistungsanforderung bricht der gesamte Organismus zusammen, weil kleine Störungen nun ihren tückischen Effekt zeigen:

da muß die Putzfrau ran Bei Stress oder Überarbeitung zeigt sich die fehlenden Belastbarkeit.
Bei einem eiligen Terminauftrag oder im Alarmfall machen kleine Schäden größere Unfälle und legen den Betrieb lahm.

 Bemerken wir, dass unser Organismus auch bei geringer Mehrbelastung mit den unspezifischen Schäden nicht mehr fertig wird, so hilft:

 Eine Kur, in der wir innerlich mal aufräumen können. Unter medizinischer Fachberatung regenerieren wir, soweit noch möglich, unseren allgemeinen Gesundheitszustand.
In den Betriebsferien oder bei einem Produktionsstillstand gibt es Zeit und Personal, um intern aufzuräumen. Die Renovierung stellt, soweit möglich, die alte Belastbarkeit wieder her.

 Unspezifisch wirkende Fremdstoffe können aber trotzdem unmittelbar gefährlich werden, wenn sie in großen Mengen eindringen.

 Radioaktive Strahlung oder Stadtluft
Wenn zu viele Glühbirnen fehlen, oder alle Türen defekt sind wird der Betrieb nicht mehr arbeiten können.

dalli klick 3. Spezifische Gifte

 Eingedrungene Stoffe können auch sehr gezielt wirken. Spezialisten finden in minimalen Konzentrationen die richtige Schaltstelle, um den Organismus zu schädigen.

 Blei als Enzymblocker, Phosgen als Nervenkampfgas, das Pfeilgift Curare oder die Ultragifte des Dioxin-Typs wirken sehr gezielt.
Ein Elektriker findet schnell den Hauptschalter.

Stabelgapler Dabei kennen wir unterschiedliche Mechanismen der Schädigung. Zwei sollen hier genannt werden:
Der Fremdstoff blockiert die Transportsystem:

 Kohlenmonoxid, Cyanide oder Schwefelwasserstoff reagieren mit dem Hämoglobin im Blut und blockieren den Sauerstofftransport, die Atmung fällt aus.
Alle Gabelstapler werden mit unsinnigen Dingen besetzt oder behindert, mangels Nachschub fällt die Produktion aus.

Die Fremdstoffe werden mit eigenen Stoffen verwechselt, sie erfüllen aber die geforderten Funktionen nicht, und das Resultat ist nicht existenzfähig:

 Bariumverbindungen ähneln chemisch den Calciumverbindungen, erfüllen aber deren Aufgaben, z.B. in der Nervenreizleitung nicht (deswegen werden lösliche Bariumverbindungen als Rattengift verwendet)
Linksgewindeschrauben werden anstelle von Rechtsgewindeschrauben an die Produktionsstelle geliefert, sie passen nicht, die Schraubgewinde werden zerstört wenn es trotzdem jemand versucht.

ein bißchen Chemie
4. Chronische Wirkung

 Bisher haben wir Wirkungen betrachtet, die sehr schnell erkennbar sind. Neben solchen akuten Vergiftungen gibt es auch die chronischen. Wenn wir Fremdstoffe in jeweils kleinen Mengen aufnehmen, und diese sich im Organismus ansammeln (Akkumulation), so werden sie nach einer Wartezeit (Latenzzeit) oder bei einer außergewöhnlichen Beanspruchungen plötzlich wirksam und machen den Organismus sichtbar krank.

 PCB reichert sich im Körperfett an, Cadmium in der Niere. Andere chronische Vergiftungen zeigen die Effekte erst nach langen Zeiten wie Arsen (18 Jahre) oder Cadmium (30 Jahre).
Störer eines Betriebes verstecken sich in den Besenkammern oder im Zwischengeschoss des Aachener Klinikum und werden irgendwann gemeinsam aktiv.

wo steckt die Maus??
5. Synergismus

 Sind mehrere unterschiedliche Fremdstoffe in den Organismus eingedrungen, so kann sich ein Synergismus ergeben. Dabei ist die Wirkung mehrere Stoffe wesentlich verheerender, als die Summe der Wirkungen der Einzelstoffe.

 Synergismen sind deswegen so fatal, weil sie in der Wissenschaft bisher wenig erforscht sind, und weil bei den zugelassenen Grenzwerten für Gifte immer ein einzelner Schadstoff betrachtet der in einem gesunden Körper wirkt, der also nicht durch einen anderen Giftstoff geschädigt ist.

 Die Wirkung von Radioaktivität und Tabakrauchen ist bei Bergarbeitern der Johannistalgruben untersucht worden.
Ein Spezialist für Alarmanlagen raubt zusammen mit einem Spezialisten für Tresoraufbruch die Bank aus. Jeder für sich allein könnte den Erfolg kaum haben.

Experten unter sich
6. Begleitstoffe

 Stoffe deren Giftwirkung bekannt ist, können im Körper dadurch unschädlich sein, dass sie von anderen Stoffen begleitet werden. Durch die Vergesellschaftung bestimmter Stoffe, die also immer gleichzeitig auftreten, wir die schädliche Wirkung ganz oder wesentlich abgemildert.

 In der Nahrung sind viele Problemstoffe als Geschmacksstoff oder auch als Grundstoff (Zucker) enthalten. Jedoch ist eine Vielzahl von Begleitstoffen dabei, die eine schädliche Wirkung aufheben. Zucker ist mit Vitaminen, Mineralstoffen und Enzymen vergesellschaftet unproblematisch, als Reinstoff kann er jedoch "giftig" sein.
Ein Kleinkind ist in einem Kaufhaus unproblematisch, wenn es von der Mutter begleitet wird. Ein Behinderter wird durch einen Helfer an die richtige Stelle geführt, wo er in einem Betrieb positiv arbeiten kann.

Löwenbändigerin

Vierter Teil: Abwehrsysteme

 Organismen haben Erfahrungen gesammelt, und so haben sie sich darauf eingestellt, dass gelegentlich Fremdstoffe im Innenbereich erscheinen und dort Schäden verursachen. Das Lernen durch Erfahrung (Versuch und Irrtum) ist bei Architekten nicht anders als in der Evolution.

 Zwei wichtige Mechanismen hat der Organismus zu Verfügung. Das Immunsystem und die Redundanz:

zwei nette Herren
1. Immunsystem

 Das Immunsystem soll Schäden abwehren, es ist durch die biologische Evolution ausgelegt und bei der Geburt vorhanden. Weiße Blutkörperchen wehren eine Bakterieninfektion einer Wunde ab.

 Durch Schutzimpfungen kann das vorhandene Immunsystem erweitert werden.
Der Werksschutz oder Reparaturabteilung soll Schäden abwehren und reparieren, sie sind nach den bisherigen technischen Erfahrungen eingerichtet und ausgelegt. Personen und Geräte stehen dem Werksschutz zur Verfügung. Speziellere Schulungen und Fortbildungen bringen diese auf den neuesten Stand.

die Schulbank
Ein Abwehrsystem kann auch überbelastet sein, mit eigenen Mitteln ist der Schaden nicht zu beheben, Hilfe kommt von außen:

 Bei großflächigen Verbrennungen oder bei mehreren Infektionen nehmen wir Medikamente (Antibiotika)
Bei zu vielen Störungen rufen wir die Feuerwehr, das THW oder Fremdfirmen zu Hilfe.

 Fremde Hilfe kann sehr wirksam sein, es ist aber auch oft zu beobachten, dass Nebenwirkungen den Organismus schädigen.

 Acetylsalicylsäure hilft gegen Kopfweh, schädigt aber die Magenschleimhaut.
Die Feuerwehr löscht den Brand, macht aber mit dem Gerät die Produktionsstrasse kaputt.

tatüüütataaaa
erwischt Während der Arbeit der Abwehrsysteme ist der Organismus oft vermindert aktiv. Teilbereiche werden stillgelegt oder auf Sparflamme betrieben. Ist der Schaden behoben braucht der Organismus eine Zeit, um wieder auf die normale Leistungsfähigkeit zu kommen.

 Während der Krankheit liegen wir still im Bett, danach brauchen wir eine Erholungszeit, Rehabilitation oder Kur.
Bei der Reparatur läuft der Betrieb nur in Teilbereichen, danach gibt es Probezeiten, Startroutine und Testphasen.

 Ein Abwehrsystem kann auch unwirksam werden und ausfallen. Fremde Hilfe von außen muss nun das Abwehrsystem ersetzen, es gibt aber Probleme mit Nebenwirkungen.

 Bei der Leukämie oder AIDS ist durch Medikamente über einige Zeit eine Abwehr von Infektionen möglich.
Alle Leute des Werkschutz sind krank zuhause. Fremdpersonal übernimmt die Aufgaben, jedoch nicht so fachgerecht.

Krankenbett Ein Abwehrsystem kann auch verrückt spielen. Es repariert Schäden, wo keine sind und bringt den Organismus durcheinander. Die letzte Rettung ist dann oft das gesamte Abwehrsystem lahm zulegen. Beim Wiederaufbau der Abwehr ist dann oft Fremdhilfe nötig:

 Eine Allergie ist eine Fehlreaktion, bei der sich zum Beispiel die Haut an einer unkritischen, nicht bedrohten Stelle stark rötet. Sie wird stark durchblutet und Signale (Juckreiz) melden uns eine starke Verletzung. Weil in Wirklichkeit jedoch kein Schaden vorliegt, ist diese Fehlermeldung sehr lästig.
Cortison legt die körpereigene Immunisierung lahm und ein medikamentöser Infektionsschutz muss in der Zeit der Erholung erfolgen.
Der Werksschutz verhaftet unschuldige Mitarbeiter und stoppt die Produktion. Nach Entlassung aller Werksschützer läuft der Betrieb wieder, aber während des Wiederaufbaus der Werkschutzabteilung muss eine Fremdfirma den nötigen Schutz gewährleisten.

hoppla 2. Redundanz

 Der zweite Trick, mit dem der Organismus sich gegen die Schäden schützt ist die Mehrfachauslegung von Teilfunktionen (Redundanz). Wir machen bei der Schädigung von Ökosystemen immer wieder die Erfahrung, dass lange Zeit ein Schaden scheinbar unproblematisch verkraftet wird, und dann plötzlich "aus heiterem, Himmel" das System zusammen bricht. Die Ursache dieser verblüffenden Reaktion kann die Redundanz sein:

 Das Lungenvolumen, die Nierenkapazität, die Lebergröße, die Blutmenge etc. ist sehr großzügig bemessen. Wenn durch Krankheiten (z.B.: in der Lunge Vernarbung oder Zigarettenteer) Teile dieser Mehrfachauslegung blockiert sind, merken wir nichts. Erst wenn durch einen zusätzlichen Schaden, der auch relativ klein sein kann, der Rest der Reserven aufgebraucht wird, merken wir einen großen Schaden.
Eine Firma hat fünf Telefone, braucht aber effektiv nur eines. Wenn durch Alter oder Störungen vier Telefone defekt sind, wird der Betrieb unbeeinträchtig arbeiten können. Erst wenn das letzte Telefon durch einen Schaden (der doch viermal ohne Probleme verkraftet wurde) gestört wird, bricht der Betrieb zusammen.

 Mehrfachauslegungen sind also sehr hilfreich für den Organismus, sie erschweren jedoch unsere gewohnte Ursache-Wirkung Analyse bei der Suche nach Giften, die für einen sichtbaren Schaden verantwortlich sind.

trari, trara die Post ist da

Nachwort

 Sicherlich ist diese Geschichte über die Wirkung von Giften mit vielen Beispielen aus dem Erfahrungsbereich der ZuhörerInnen zu beleben. Die Geschichte ist jedoch eine starke Vereinfachung, und die Beispiele sollten nicht den Versuch einer Beweisführung, vortäuschen.

Unser Leben mit Gift im Alltag ist oft viel leichter und sicherer, wenn wir wissen warum wir uns in einer bestimmten Art und Weise schützen sollen. Die Anweisung : "du sollst bei einer bestimmten Arbeit Schutzhandschuhe anziehen und nicht rauchen" wird oft deswegen nicht befolgt, weil deren Sinn nicht erklärt worden ist.
Diese kleine Geschichte zum "LEBEN MIT GIFT" kann hier helfen.

Literatur:
Wie funktioniert das ? Die Gesundheit
Meyer Verlag

Gifte im Alltag
Max Daunderer

1. Fassung Januar 1984
Stand September 1995


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