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    Fußballpädagogik

    Wolfgang Meiners Umweltstation IFFENS März 1995

    Eine spannende Geschichte über Bildung, Erziehung und Umwelt.

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    Der Gymnopädagoge

    Es fing damit an, daß kein Sportlehrer zu finden war, die Stelle war ausgeschrieben und wir wollten auch fortschrittlich sein und einen modernen Gymnopädagogen einstellen. Und der Erfolg ? lassen wir ihn selbst berichten:

    Der Gymnopädagoge erzählt von seinen Erfahrungen:

    Mit einer ABM -Stelle bin ich jetzt der neue Pädagoge der Ortssportgruppe. Ich bin als Lehrer ausgebildet und mußte dann ein Jahr arbeitslos sein, um ein Anrecht auf die ABMstelle zu haben.

    In dem Kirchdorf, wo ich jetzt arbeite, kenne ich noch keine Leute und ich bin auch nicht hierher gezogen. Das hat einige Vorteile, denn im Dorf hätte ich meine Abende nicht für mich und ich würde quasi auf dem Präsentierteller leben. Wenn die Nachbarn von meinem Beruf wissen, dann soll ich wohlmöglich auch noch den Kindern Sporttips geben oder ich komme ins Gerede, wenn ich mit dem Auto zur Kneipe fahre, statt das in einem vorbildlichen Jogging zu machen.

    Die 15 km Weg zwischen Arbeitsplatz und Wohnung sind zuviel für das Fahrrad, soviel Kondition habe ich auch nicht. Deswegen habe ich mir ein kleines Auto zugelegt. Das ist finanziell mit meinem Gehalt von 3500,- DM gerade noch zu schaffen.

    In meiner pädagogischen Ausbildung habe ich an meiner Universität bereits Gymnopädagogik studiert, meine Dozenten waren sehr fortschrittlich und haben sich sehr bewusst und entschieden von der alten Sporterziehung distanziert. Auf einer Tagung über „Gymnopädagogik contra Sporterziehung“ habe ich mich für das Thema auch begeistern lassen und dann meine Diplomarbeit über das Thema geschrieben.

    Ich hatte dann auch eine Drittmittelstelle während meiner Diplomarbeit, mein Prof hat einen Forschungsauftrag von dem Ärzteverband bekommen. Die Medizinwelt befürchtet nämlich, daß bei einer effektiven Sporterziehung zu wenig Leute krank werden, und deswegen unterstützen sie die theoretische Auseinandersetzung in der Sportpädagogik. Sie sagen, solange wir uns in Diskussionen mit uns selbst beschäftigen haben wir keine Zeit für die effektive und praktische Sporterziehung und werden der Medizinwelt auch nicht gefärlich.

    Jetzt sitze ich also hier auf der Stelle als Leiter des Regionalen Sportzentrums (RSZ), offiziell mit der Sportbildung beauftragt. Mein Büro ist ein kleiner Raum, der vom Schankraum der Gaststätte abgetrennt ist. Mir reicht der Platz, es wird geheitzt und täglich kommt eine Putzfrau.

    Ich habe begonnen eine Fußballgruppe aufzubauen. Ich spiele selbst Fußball, und deswegen ist Fußball die wichtigste Sportart.

    Am Anfang gab es in der Bevölkerung einige Probleme. Fußball ist brotlose Kunst, sagte der Bürgermeister und andere wollten ihren Kindern das Fußballspiel nicht erlauben, weil es dabei Unfälle gibt.

    An einem Einführungsvormittag habe ich Dias von einem Fußballspiel in Toronto gezeigt und zur Hilfe war der Fußballpädagoge von Burgdorf dabei, der hatte ein gutes Auftreten und konnte viele Eltern überzeugen.

    Schließlich habe ich mit acht Leuten in der Sportgruppe angefangen.

    Zunächst haben wir in der Gruppe die Spielregeln für den Fußball diskutiert. Dabei kam es mir sehr darauf an, Teilnehmerorientiert vorzugehen, also die Pädagigik von Unten zu praktizieren. Wenn ich die Spieregeln einfach so dogmatisch vorgegeben hätte, wären mir gleich alle wieder weggeblieben. Wir haben uns die Regeln also richtig erarbeitet.

    Unser Kirchdorf-Fußball hat gegenüber anderen Spielregeln viele Vorteile, so spielen wir mit zwei Bällen und brauchen nur sieben Spieler pro Mannschaft, es können aber auch mehr sein.

    An der Uni gab es eine Vorlesung über die Emanzipation im Sport und ich will in meiner Praxis die neuen Modelle der Frauenberücksichtigung in der Gymnopädagogik umsetzen. Die Männerorientierung des Fußballs ist ein leidiges Problem, das wir gelöst haben. Bei uns sind drei Mädchen in der Mannschaft, die sind sehr engagiert, haben immer einen heißen Apfelsaft nach dem Spiel und waschen die Klamotten immer ganz toll. Ausserden schreiben die auch immer ein Kurzprotokoll zu den Treffen.

    Unsere Fußballgruppe hat nun eine Kernbesetzung von 5 Leuten, die immer kommen und 12, die sich als Mitglied eingetragen haben und öfter mal dabei sind. Wir treffen uns im Gemeindesaal, der liegt recht zentral und ist immer geheizt. Wir haben dann stets einen echten Fußball dabei, der wird in der Mitte des Tisches aufgestellt, so quasi als Maskottchen.

    Bei unseren Treffen geht es immer hoch her, alle sind sehr begeistert. Wir dikutieren dann über einen Bebauungsplan, der den Fußballplatz in Burgdorf vernichten würde oder über andere Probleme.

    Mit neuen TeilnehmerInnen müßen wir immer wieder über die Spielregeln sprechen, nur wer sich die Regeln erarbeitet hat, kann richtig überzeugt mitspielen. Und die Neuen haben schon manche gute Anregung eingebracht. Wir reden dann auch über die völlig schwachsinnigen Spielregeln des Nachbardorfes, unsere sind viel bessser.

    Letztes Jahr haben wir von Gemeinderat eine Fläche zugewiesen bekommen und von der Sparkasse eine großzügige Spende von 500,- DM. In Eigenarbeit haben wir einen schönen Fußballplatz angelegt. Die Planung haben wir selbst gemacht, das hat viel Arbeit gemacht und ich mußte oft am Sonnabend ins Dorf kommen. Die Überstunden bekam ich noch nicht einmal ausgezahlt, sondern mußte sie abfeiern. Bei der Einweihung des Platzes haben wir mal so richtig gut Fußball gespielt, die Bürger waren begeistert und wir sind auch ins Fernsehen gekommen. Jetzt dürfen wir einmal im Monat am Montagnachmittag spielen, darüber haben wir uns mit dem Altersheim nebenan geeinigt. Sonst ist der Lärmpegel zu hoch.

    Die ganze Fußballplatzaktion haben wir gut dokumentiert, Fotos und Zeitungsausschnitte sind auf 12 Tafeln aufgezogen. Die Ausstellung steht im Bauhof bereit und kann von Schulen ausgeliehen werden. Ausserden haben wir eine Broschüre geschrieben „Wie lege ich einen Fußballplatz an“. Es gab zwar schon einige Bücher über die Anlage eines Sportplatzes oder einer Fußballanlage, aber unser Buch zeigt nun die wirkliche beste Möglichkeit den Platz aus eigenen Mitteln heraus zu gestalten.

    Ausserdem ist unser Platz mit den leicht geschwungenen Begrenzungen in Nierenform viel sportlicher und eleganter als die anderen eckigen Plätze. Unsere Rundungen sind viel menschlicher und werden dem Fußball neue Freunde machen, die sich bisher durch die harten Formen eher abgestoßen gefühlt hatten. Der Ball selbst ist schließlich ja auch rund, da passt das eckige Spielfeld nun wirklich nicht. Auch unsere Tore sind etwas innovativer als Halbkreis gestaltet, das sieht einfach besser aus.

    Im nächsten Jahr wollen wir einen Lehrpfad um den Fußballplatz anlegen. Dazu erscheint wieder ein Buch, der Verlag will 5000 Stück auflegen. Die Bücher kosten dann im Handel 19,80 DM und für die Mitglieder unseres Fußballvereins geben wir sie für 14,25 DM weiter, da ist schon der halbe Mitgliedsbeitrag wieder drin.

    Der Lehrpfad zeigt auf 24 wetterfesten Tafel die wichtigsten Spielfunktionen und Spielstellungen beim Fußballspiel. Wir werden kleine Farbfotos ( 12,5 x 24 cm) zu dem Text machen und für die Texte haben wir schon einen Computerfachmann, der uns die Schriften machen kann.

    Weil der Lehrpfad etwa 1200 DM kosten wird, - die wetterfesten Tafeln sind so teuer - haben wir einen Antrag bei der Stiftung „Europäisches Sporterbe“ gestellt. Mit allen Nebenkosten und Personalleistungen haben wir dann 20 500,- DM bewilligt bekommen. Damit ist dieser in Europa einzigartige Fußball-Lehrpfad gesichert und wir können uns nun überlegen, welche Texte wir auf die Tafeln schreiben werden und welche Bilder wir machen sollen. Wir sind uns nur noch nicht so ganz darüber einig, was Spielfunktionen und Spielstellungen sind.

    Nachdem die Fußballer in Burgdorf ein Fußballzentrum gegründet haben werden wir das bei uns in Kirchdorf auch machen. Das Fußballzentrum in Neustadt ist ein sehr schönes Büro mit zwei Schreibtischen, drei intel-486-8MB mit 204 MB HD-PC ausgerüstet. Fotokopierer und Faxmodem mit 19200 b-rate. Aber die haben auch einen Hauptamtlichen.

    Unser Sport und Fußballzentrum wird in dem alten Feuerwehrhaus untergebracht. Da brauchen wir keine Miete und Heizkosten bezahlen, die Stadtverwaltung stellt und sogar eine Putzfrau zur Verfügung. Das Büro wird zwar klein, aber in der alten Garage für die Feuerwehrautos malen wir ein Fußballplatzdiorama an die Wand und können dort mit einem richtigen Fußball in ein Modelltor schießen. Da ist eine Neuheit, die andere Fußballsportzentren noch nicht haben.

    Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft der Sportzentren veranstaltet demnächst in der Würzburger Schloßresidenz einen Fußballkongress, dort sollen wir über unser Zentrum einen Vortrag halten. Natürlich wird das kein langweiliges Referat, denn wir werden die Pädagogik der Unmittelbarkeit anwenden: Der Redner tritt im Fußballtrikot ans Pult und hat einen echten Fußball in der Hand.

    Seit drei Jahren ist unsere Monatszeitschrift „Der Ball-RUND-Brief“ der Renner und wird auch von den benachbarten Vereinen gelesen. Mit 5500 Auflage ist dieses Magazin das größte regionale Fußballmagazin in Europa. Wir haben regelmäßig fast zweihundert Inserenten, und weil acht Seiten Anzeigen eine Textseite finanzieren, haben wir sogar einen Gewinnüberschuß.

    Im letzten Heft von unserem „Der Ball-RUND-Brief“ habe ich erklärt, was der neue Weg des Fußballs werden wird: das ist der „Tiefenfußball“. Nicht mehr die oberflächliche Bewegung mit dem Ball auf dem Spielfeld ist das Ziel unseres Fußballspieles, sondern eine tiefe Auseinandersetzung mit dem Ball als solchem und die bessere Verinnerlichung des Ballspiels. Das gibt dem globalem Fußballverständniß neue Impulse.

    Vor drei Jahren haben wir als erste in Deutschland den Jugendfußballclub „JUFUBA“ gegründet. Die hessische FUBAJU und der auricher BAJUFU sind ihm schon beigetreten. Der deutsche JUcluFU (mit dem kleinen clu) will ihm nicht beitreten, die machen ihre eigenen Sachen, nur nicht so gut wie wir.

    Unser JUFUBA macht jedes Jahr einen Mega-Deligierten-Kongress (MEDEKO). Aus Kostengründen haben wir zur Vollverpflegung das allgemeine Heilfasten angeboten. Das kam zwar sehr gut an, aber am Ende, als es mit dem Bus zu einem Fußballspiel gehen sollte, waren alle zu erschöpft und sind nach Hause gefahren.

    ......................... und so könnte der Gynopädagoge noch viele nette Geschichten aus seinem Alltag berichten. Ziel und Zweck dieses Textes ist deutlich - oder ?

    Stoppen wir das Band hier und fragen nach dem Alltag der Umweltpädagogik:

    Vergleiche

    Jetzt folgt der übliche Absatz über die Beispiele, die immer hinken und über den Unsinn, Äpfel mit Elefanten zu vergleichen. In der Pädagogik arbeiten wir aber auf einer anderern Ebene als mit Äpfel und Elefanten. Wir dürfen diese unterschiedlichen Objekte sehr wohl vergleichen, wenn wir in die methodische Ebene gehen. Wenn wir also Vermittlungstechniken, Organisationen oder Darstellungsmethoden untersuchen und beschreiben: Plakatgestaltungen, aktuelle Pressetexte, den Aufbau einer Rede, die Gestaltung eines Museums, die Infozeitschriften von Interessengruppen, die Art und Weise in der wir Interessengruppen organisieren und leiten und so weiter. Diese Pädagigik der Alltagspraxis wird anders genannt und wird nach den Zielen und Mitteln unterschieden: Werbung, Präsentation, Unterrichtung, Anweisung, public relation, Information, Einweisung, Leitung, Führung, usw. In dieser Praxis ist es sehr sinnvoll, die Art und Weise in der ich etwas mache dadurch zu verdeutlichen, daß ich die Inhalte auswechsel.

    Wenn ein Verkäufer Schuhe genauso anbietet wie er Häuser verkaufen würde, dann muß das nicht immer erfolgreich sein. Seine Verkaufsmethode sollte dem Objekt angemessen sein. Aber er kann seine persönliche Verkaufsmethode am Besten analysieren, wenn er die Objekte seines Verkaufes auswechselt. Im Rollenspiel oder in Gedanken soll er also Häuser so anbieten, wie er Schuhe verkaufen würde.

    Fußball als Vorbild

    Zurück zur Ökopädagogik.

    Ich bin also der Meinung, daß die Art und Weise unserer praktizierten Umweltarbeit dem Problemfeld Umweltschutz nicht angepasst ist. Es ist sicherlich möglich, einen Sportverein genauso zu führen, wie einen Umweltverband, nur würde dann eine spezielle, ganz andere Art von Sport entstehen. Ich selbst bin weder Fußballspieler, noch ein Kenner der Fußballszene, schon eher ein Kritiker der negativen Folgen, die „König Fußball“ für diese Gesellschaft bringt. Deswegen wünsche ich mir für die Umweltverbände keine 200000 Mitglieder jeden Sonntag beim Bachputzen oder Schlägereien auf den Delegiertentreffen. Trotzdem könnten wir für die Art und Weise unserer Arbeit Vieles von den Sport- und Fußballvereinen lernen:

    Stellen wir zunächst die Dinge zusammen, die ich positiv empfinde: 1. Von 74 Wochenseiten einer Tageszeitung sind für den Fußball sechs Seiten vorgesehen, die in der Regel auch durch keine Reklame verunstaltet sind.

    2. Jede Gemeinde hat einen Fußballplatz für 160000,- DM und ein Sportgebäude, daß auch zu mehr als Fußball- Umkleidekabine geeignet ist.

    3. Wöchendlich inverstieren an Zeit für eigenes Fußballspiel oder vor dem Fernseher: ein Amatuespieler 10 Stunden - ein Zuschauer 5 Stunden - ein Anfänger 4 Stunden - Eine Mutter/Vater 2 Stunden

    4. Fußball verbindet Länder und Völker, es gibt Länderspiele und gemeinsame Mannschaften von großen Regionen. Obwohl es noch eine Nationalmannschaft gibt wird der Nationenbegriff abgeschwächt, denn die Spieler gehören verschiedenen Nationen an.

    5. Acht Fußballzeitschriften mit einer gemeinsamen Auflage von 1,7 Mio Exemplaren werden wöchendlich gekauft

    . 6. Dann sollten wir den finanziellen Aufwand der Fuballfans abschätzen. Zum Beispiel die Kosten der Ausrüstung. (Preis?)

    7. Jeden Sonnabend werden über 100000 Personen in Deutschland mobilisiert, die mindestens einen halben Tag und durchschnittlich 50,- DM investieren. Das ist ein Kapital von 5 Mio DM pro Woche.

    und so weiter.

    Die negativen Erscheinungen des „König Fußball“ sind natürlich auch noch da, daraus können wir lernen, welche Probleme wir im Umwelt- und Naturschutz möglicherweise haben könnten, wenn wir 20 Mio aktive Mitglieder hätten. Aber schrecken wir den Hungrigen nicht damit, daß er 15 kg Grünkohl am Tag sowieso nicht essen kann, also lieber hungrig bleiben soll !

    Umwelt- Engagement

    Lernen wir also auf der positiven Seite und suchen Beispiele der direkten Übertragung unserers Fußballverhaltens auf das Umweltschutz-verhalten. Dadurch können wir uns ein Bild von dem Potential machen, das wir in dieser Gesellschaft (mit einer anderen Umweltpädagogik ?) nutzen könnten:

    1. Nehmen wir den begeisterten Familienvater, der am Sonnabend mit seinen beiden Kindern den Gartenkurs besucht. Er zahlt 70,- Honorar (statt Eintritt) und 30,- DM für Getränke und Imbiß. Er erwartet also keine kostenlosen Leistungen.

    2. Wir haben einige Umweltzeitschriften, für die wir etwa 7,- DM pro Woche aufwenden könnten.

    3. Welche Einschaltquoten haben die Umweltsendungen im Fersehen? Sie sind zwar schlecht plaziert, aber durchaus vorhanden.

    4. usw

    Umweltpädagogik

    Meine Vermutung ist, daß wir in der Umwelt-Pädagogik eine seltene Pädagogik der Unwirksamkeit entwickelt haben. In dieser Gesellschaft hat der Fußball einen weitaus höheren Stellenwert als der Umweltschutz, obwohl das aus Gründen der Ethik und Staatspolitik genau anders sein müßte. Zu Beginn der politischen Umweltdiskussion war die Öffentlichkeit durchaus sensibel für das „neue Bewusstsein“ und 1973 wurde der inzwischen legendäre autofreie Sonntag gefeiert. Seitdem schwimmen wir „Alternativen Umweltaktivisten“ unermüdlich gegen den Strom, aber der Stom ist schneller, tatsächlich entfernen wir uns von unseren Zielen.

    Ursache dafür ist unter anderem auch die spezielle Art der unwirksamen Pädagogik, die wir im Umweltbereich entwickelt haben. Diese Pädagogik sollten wir ändern, wenn wir in dieser Gesellschaft Erfolg und Wirkung haben wollen.

    Wir kennen Kriterienkataloge für das ökologische Büro, für die optimale Energienutzung etc, stellen wir also auch einen Kriterienkatalog für den „ökologischen Pädagogen“ auf: Diese „Vorzeigeperson“ gibt es nicht häufiger in Detuschland oder anderswo, wie das Vorzeigebüro oder das Vorzeigeökohaus.

    Portraits versuchen immer wieder einige solche Kriterien zu beschreiben, kaum ein Umweltschützer wird jedoch alle Ideale verkörpern.

    Auch andere Praktiker der Unweltpädagogik versuchen ihre Wünsche an die beteiligten Personen zu formulieren.
    Ein Beispiel für den idealen Umweltaktivisten:

    Aus E. Reese/Gerhard Winkel, Materialien des Schulbiologiezentrums Hannover Über ganzheitlichen Unterricht, Seite 16/17, Januar 1992

    Bei der Suche nach Modellen für die besondere Art des ganzheitlichen Unterrichts zitieren die Autoren den „Interpreter“ der amarikanischen Nationalparks.

    Der typische Umweltinterpreter ist: Animateur, Spielleiter, Lehrer, Wissenschaftler, Werbefachmann, Gefährte, Schauspieler in einem, muß also nebeneinander Fähigkeiten besitzen, die sich nahezu ausschließen. Die AutorInnen warnen vor einer gedankenlosen Übertragung dieses Modells auf deutsche Verhältnisse, weil die Kulturellen Bedingungen und alltäglichen Gewohnheiten in Ameika anders sind.

    Die Richtung aber könnte auch für uns Vorbild sein: Menschen als Lehrer über Natur, die gleichermaßen im wissenschaftlichen Sinne kompetent wären wie sie auch Erlebnisse und Erfahrungen vermitteln müßten. Was wünscht man sich von solchen Menschen neben der wissenschaftlichen Kompetenz für Eigenschaften?

    - Einfühlungsvermögen für die Gruppe, mit der gearbeitet wird
    - Geduld im Umgang mit Lebewesen
    - Bereitschaft, dem anderen zuzuhören
    - Partnerschaftlicher Umgang mit anderen Menschen
    - Umstellungsfähigkeit bei unvorhergesehenen Situationen
    - Reaktionsvermögen in schwierigen Situationen
    - Offenheit, Aufgeschlossenheit gegenüber anderen, neuen Dingen
    - Offenheit, Aufgeschlossenheit gegenüber Kritik
    - Begeisterungsfähigkeit und Ausstrahlungskraft
    - Kreativität
    - Zuverlässigkeit
    - Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit (zwischen dem was gesagt und getan wird)
    - Selbstbewußtsein, sicheres Auftreten
    - Ausgegleichenheit und Herzlichkeit
    - ansprechendes äußeres Erscheinungsbild
    - Ausdrucksfähigkeit in Sprache und Gestik
    - Kooperationsbereitschaft
    

    Gibt es einen Menschen, der diese Eigenschaften alle in sich entwickelt hat ? Wohl kaum. Aber wir sollten anfangen, ihn zu entwickeln. Die neue Gleiderung von Unterricht erfordert also auch einen neuen Typ von Lehrer. Er ist aus der Ausbildung der letzten 30 Jahre nicht hervorgegangen, sondern muß sich selber zu den Zielen hin entwickeln.

    Weitere Auflistungen von Kriterien: Liste aus dem Text „Aufgaben und Möglichkeiten der Umweltverbände“ Liste aus dem Natur-Heft 4/84 über Umwelterziehung


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