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    Ausbildung von Facharbeitern in Chemieberufen

    Die ist ein Versuch die Ideen der Bildungsplaner aua der gut finanzierten Digital- und IT - Euphorie wieder in die Alltagspraxis zurückzuholen. ( November 2020 ).

    Gesellschaftlicher Rahmen:

    Vor 60 Jahren saß ich noch auf der Schulbank und lernte einiges im Fach Chemie.
    Zu der Zeit gab es kaum Zweifel am Nutzen der Chemie als Wissenschaft, deren Anwendung unser Leben positiv verändern sollte. Technik war noch der Segen der Menschheit, um Krankheit, Hunger und Not zu vermeiden. Das Interesse an Naturwissen war groß und ebenso groß meine Motivation hier mehr zu lernen. Soweit ich mich erinnere, gab es Kritik nur an der Wiederaufrüstung und an der Atomwaffeneuphorie (oberirdische Tests). Dann hat sich in der Öffentlichkeit eine Diskussion um die Automatisierung etabliert. (Digitalisierung gab es fast noch nicht.)
    Krankheiten durch Chemikalien (Cd, Hg) wurden bekannt, und Rachel Carson schrieb den "Stummen Frühling". Der Umweltschutz kam in das öffentliche Bewusstsein. Ich habe mit viel Neugier viele neue Blickwinkel auf Naturwissen und neue Sachverhalte gelernt.
    Umwelt und Naturschutz wurde für mich ein immer wichtigeres Thema, und ich begann bei Umweltaktionen mitzumachen. 1978 haben wir dann in Iffens die Umweltstation eingerichtet. 30 Jahre lang habe ich der Berufsfeuerwehr im Land Bremen bei der Ausbildung in Chemie geholfen. Dabei habe ich viele Produktionsbetriebe kennengelernt und viele Erfahrungen mit Sicherheit und Gefahren in der Chemie gesammelt.
    Seitdem bin ich nicht nur Lernender, sondern auch Ausbilder.

    Das anfänglich große öffentliche Interesse an Umweltthemen wurde seit 1990 immer weniger. In der Konsumgesellschaft haben sich Verhaltensweisen und Strukturen entwickelt, die einen engagierten Umgang mit Natur und Umwelt sowie mit den eigenen persönlichen Potentialen bremsen. Gewöhnung, Resignation und Gleichgültigkeit bestimmen den Alltag. Ebenso ist der ehemalige Boom der Naturwissenschaften mit hoher Anerkennung der Chemiewirtschaft (1990 bis 2005?) sehr abgeflacht.

    Entwicklung im Bildungsbereich

    Auch im Bildungsbereich hat sich vieles geändert. Neben einigen sehr erfreulichen Verbesserungen in den Bildungseinrichtungen und auch im Berufsverständnis der Menschen haben sich auch Probleme ergeben, die eine Diskussion erfordern. Die Digitalisierung hat Nebenwirkungen entwickelt, die Lernverhalten und Berufsverständnis geändert haben. Das sind einoige Effekte für die Ausbildung von Facharbeitern, die wir für Technik und Produktion brauchen (vgl.: "Fachkräftemangel").

    Seit 17 Jahren bereiten wir Berufsanfänger*innen (in der Chemie) auf den Lebensalltag im Betrieb vor. Das betrifft das "mittlere" Leistungsniveau, das zu Facharbeiter*innen, Chemietechniker*innen oder Chemiemeister*innen führt.
    Seit etwa vier Jahren gibt es eine deutliche Veränderung, die mich sehr beunruhigt. Es schwindet das Eigenengagement der Berufsanfänger*innen, deren Neugier und Motivation. Es hat sich eine seltsame Lethargie breit gemacht. Das betrifft besonders Absolvent*innen von Realschulen mit mittlerem Leistungsniveau. Dadurch ändert sich mit der Zeit das Berufsverständnis und das Lernverhalten.
    Die "gehobenere" Ausbildung (Abitur, Studium) ist davon wohl nicht so stark betroffen. Dort gibt es andere Probleme, die ich hier nicht zur Diskussion stellen möchte. Auch in den "chemiebegeisterten" Ballungsräumen (Leverkusen, Frankfurt, Ludwigshafen) gibt es diese Probleme wohl (noch) nicht. Wir brauchen in der Chemieproduktion die "mittlere" Qualifikation und Ausbildung für den Betrieb der technischen Anlagen. Vielleicht müssen wir die Ausbildung in den Chemieberufen überdenken und entsprechend neu gestalten.

    Ich überzeichne das Problem mit dem Beispiel von zwei Taxifahrern.

    Der Taxifahrer Felix


    Felix hat einen guten Job, er ist Taxifahrer bei einer großen Firma in der Großstadt. Nach der Schule hat die Arbeitsagentur ihn getestet, und zufällig hat die Taxifirma einen Mitarbeiter gesucht. Felix hat dann im Schnellverfahren den Führerschein gemacht und den nötigen Taxischein mit Mühe bekommen. So hat er eine schnelle und wenig kostspielige Ausbildung bekommen, er hat das Nötigste gelernt, um mit 55% durch die Prüfungen zu kommen.
    Er fährt jetzt bei der Taxifirma ein bequemes Auto. Für die Bedienung des Fahrzeugs hat er eine kurze Einweisung bekommen, aber er hat immer nur "ja" gesagt und kaum was verstanden. Er hat dann nach dem Prinzip "Versuch und Irrtum" mit der Bedienung, der Technik und dem Straßenverkehr selber alles ausprobiert. Viele Fragen hat er seinem Schichtleiter nicht gestellt, das hätte seine Ahnungslosigkeit offen gelegt und es war auch sonst kaum jemand da, den er hätte fragen können.

    Das Auto ist auch sehr leicht zu fahren, es hat eine moderne Automatik, und einen Computer, der mit der Taxizentrale per Funk verbunden ist. In der Verwaltung der Taxifahrenden Vereinigung (TV) in Frankfurt werden alle Daten der Taxis über Fahrten, Geldeinnahmen, Wetter und Uhrzeiten registriert, er muss nicht mal ein Fahrtenbuch führen.
    Wenn ein technisches Problem auftaucht und eine rote Lampe links oben am Cockpitaufleuchtet, muss er seiner Zentrale Nachricht geben. Die liest dann per Funk die Fehlermeldung des Bordcomputers aus und steuert per Funk eine Korrektur. Wenn das Auto nicht mehr läuft, muss er anhalten und den Motor abstellen. Nach 30 Sekunden startet er neu, und dann läuft es meistens. Wenn nicht, kommt ein Pannendienst von der Firmenzentrale in Hamburg oder vom Hersteller in Stuttgart, und er bekommt sofort ein Ersatzauto.
    Das Reinigen und Tanken macht eine Servicefirma morgens auf dem Platz der Taxifirma, deswegen interessiert ihn auch nicht welchen Kraftstoff er fährt. Ihm ist auch egal, welche Automarke er fährt, die Vielzahl der Marken und Autotypen irritiert ihn, und er muss es auch nicht wissen. Den Stadtplan mit den vielen Straßen muss er auch nicht lernen, dafür hat er ein Navigerät, das sogar Meldung macht, wenn er falsch abbiegt.
    Hochmodern ist eine Erweiterung des Navi, die begrüßt den Fahrgast, fragt nach dem Fahrziel und erklärt mit einem "sightseeing and shop-guide" die Besonderheiten entlang der Straße in der Stadt in der gewünschten Sprache.
    Mit der Digitalisierungs-Welle bekommt er jetzt eine Lotsensteuerung mit dem G5-Netz. Da kann er das Lenkrad der Fernsteuerung überlassen und bekommt nur eine Meldung, wenn er 5 cm von der Fahrspur abweicht. Die Technik kostet zwar viel, aber das zahlt der Staat. So kann er jetzt während der Fahrt mal in Ruhe mit seinem Smartphone chatten oder ein nettes Videospiel machen.

    Um punkt 16 Uhr ist Schichtende, er stellt das Taxi auf dem Firmenplatz ab und stempelt sich aus. Wer das Auto übernimmt, ist ihm egal, das regelt alles die Zentrale. Seine Arbeitskolleg*innen trifft er nur bei Betriebsversammlungen, die zweimal im Jahr vorgeschrieben sind.

    Er bekommt für seine Arbeit gutes Geld, jedes Jahr ein paar Prozent mehr, dafür dankt er der Gewerkschaft, bei der er Trittbrettfahrer ist. In seiner Freizeit spielt er Skat und ist schon in der ersten Skatliga des Landkreises. Weil er viele Überstunden abfeiern muss, geht er viermal im Jahr in den Urlaub. Dann kann er schnell mal in die Karibik fliegen und Sonne tanken, die er doch mangels Cabrio-Taxi sehr vermisst. Sonst macht er Videospiele im Internet, Langeweile hat er nicht.
    Alle beneiden ihn um seinen tollen sauberen Job. In der hochtechnisierten und modernen Gesellschaft hat er es bestens getroffen.
    Seinen Kindern erzählt er, wie sinnlos doch die Schule und wie überflüssig das Fachwissen oder Sprachkenntnisse sind. Er hatte in Mathe immer eine Fünf und ist doch so erfolgreich im Job. Man kann in der Schule nicht mehr sitzen bleiben, da reicht eine Minimalbeteiligung. Bei den Internetchats in den Schulpausen oder zuhause lernen die Kinder ja auch was.

    In wenigen Jahren geht er in den Vorruhestand. Seine Stelle wird wieder besetzt, die Taxifirma hat schon Kontakt zu einer Agentur aufgenommen, die staatlich geförderte Werkvertragsarbeiter aus dem Osten organisiert. So tun wir auch was Gutes für Rumänien, und für die Taxifirma wird sich das auch lohnen.

    Diese Geschichte über Felix den Taxifahrer kann noch mit vielen Einzelheiten ergänzt und verfeinert werden.

    Es kommt jetzt eine Geschichte über Paul, auch ein Taxifahrer:


    Der Onkel von Paul hat eine Autowerkstatt, und Paul hat schon als Vierjähriger bei den Autoreparaturen zugeschaut, mit sechs Jahren hat er sich mit den Kund*innen über Automarken und technische Einzelheiten unterhalten. Zwei Jahre später hat er an seinen schulfreien Nachmittagen schon bei den Arbeiten geholfen. Die Autotechnik ist sehr universell, und so hat er früh die gesamte praktische Physik erfahren. Während der Zeit hat er auch gemerkt, dass er sehr gut mit den Kund*innen klar kommt, es machte ihm Spaß, die Arbeit und die Technik zu erklären. Nach der Realschulzeit hat er dann eine Lehre als Kfz-Mechaniker gemacht. Nebenbei hat er in einem Autohaus beim Verkauf von Neuwagen geholfen.
    Er hat dann Kurse für berufliches Fahren von LKW und Reisebussen gemacht. Personenbeförderungsschein und Gefahrgutschein hat er auch erworben. Bei der Feuerwehr hat er die Grundausbildung nebenbei auch absolviert.
    Nach der Lehre hat er dann zwei Jahre Reisegruppen gefahren. Gefallen hat ihm das Leben auf der Fernstraße aber nicht. In seinen Autozeitschriften hat er viel gelesen, um sich über die Möglichkeiten seiner beruflichen Zukunft zu orientieren Mit 27 hat er dann ein Ingenieurstudium für Autokonstruktion angefangen. Nebenbei hat er sich mit Taxifahren das nötige Geld verdient. Kleine Reparaturen und Wartungsarbeiten konnte er für die drei Fahrzeuge der Taxifirma schnell selber machen.
    Kurz vor dem Abschluss des Studiums hat er dann abgebrochen, mit der vielen Theorie hat er sich nicht anfreunden können.
    In dieser Zeit ist der Taxiunternehmer, bei dem er schon einige Jahre ausgeholfen hat, ein halbes Jahr krank geworden. Seine Frau war mit der Leitung ihrer drei Taxis überfordert und hat Paul gebeten ihr zu helfen. Mit seinen Arbeitskolleg*innen hat sich Paul sehr gut verstanden, und so hat er in der Taxifirma voll gearbeitet. Er bekam einen guten Arbeitsvertrag und auch genügend Zeit für Fortbildungen. Vielleicht kann er auch die Firma in einigen Jahren übernehmen.

    In der Taxizeit hat er seine Stadt gut kennen gelernt und viel Spaß daran, den Fahrgästen alle Fragen zur Stadt erklären zu können. In Abendkursen hat er einfaches Englisch gelernt und kann sich jetzt auch mit ausländischen Fahrgästen unterhalten.
    In seiner Freizeit besucht auch schon mal eine Automesse oder ein Oldtimertreffen. Er hat auch viele Bekannte, die selbst an Autos "schrauben", denen er bei Reparaturen Ratschläge gibt.
    Inzwischen hat er eine Familie und ein kleines Eigenheim. Bei der flexiblen Arbeitszeit kann er seinen Tag ideal einteilen. Der Verdienst ist nicht üppig, aber es reicht für die ganze Familie, und die Arbeit macht ihm Spaß.

    Was tun ??

    Ich habe das "klassische" Berufsverständnis und die "moderne" Arbeitswelt etwas überzeichnet und idealisiert. Wir müssen überlegen, welche Zukunft der Arbeit wir bekommen und welche wir wollen. Die erste Variante ist bei vielen unserer Berufseinsteiger*innen, die wir ausbilden, heute aktuell die ideale Wunschvorstellung. Dafür ist es aber unnötig, 360.000 € für die Schule bis zum Realschulabschluss pro Schüler*in auszugeben. Die Planung einer (billigeren) reduzierten kurzen Ausbildung geht in diese Richtung. (Fachgehilfe statt volle Lehre). Der Anspruch auf Allgemeinbildung ist von den Gewerkschaften vor 120 Jahren erstritten worden, das hat aber nur Sinn wenn die betroffenen Menschen den Anspruch auch einlösen wollen.

    Ich bin kein Freund dieser "modernen" Entwicklung - nicht weil ich konservative "alte Schule" bin. 30 Jahre habe ich die Berufsfeuerwehr in Chemie ausgebildet und als Freiberufler vielen Chemiebetrieben geholfen chemische Produktions- und Fachprobleme zu lösen. Dort habe ich gelernt, wie wichtig bei Betriebsstörungen, aber auch in der regulären Arbeit ein solides chemisches Grundwissen und Grundverständnis ist.
    Betriebe fallen oft in einen Maschinen- und Digitalisierungsrausch (Roboter, Automatisierung, Zentralsteuerung, Fernüberwachung, etc.). Das spart sicherlich Arbeitskräfte ein und finanziert sich dadurch oft selbst. Für die verbleibenden Mitarbeiter*innen der "mittleren" Qualifikation werden dadurch die Anforderungen an Kenntnisse, Fertigkeiten und Verantwortung aber wesentlich höher.
    Für eine marktfähige Qualitätsproduktion und für gute Arbeits- und Sicherheitsbedingungen ist ein chemisches Grundverständnis nötig, das wir mit und während der Ausbildung vermitteln und bestärken können. Das dient auch demUmweltschutz und der zukunftsfähigkeit der Betriebe.
    Inzwischen fragen Kund*innen nach der Betriebskultur und nach der Datendokumentation (16 Kriterien der Sicherheitsdatenblätter) und nach der Stoff- und Energiebilanz der Produkte. Die Kontrolle durch sie funktioniert vielleicht besser als die Kontrolle durch den Staat.

    Digitalisierung in MINT bei Realschulen

    Dien Zusatz habe ich im Januar 2021 geschrieben, als die finanzielle Förderung der IT - Technik in Schulen durch die BRD in der Presse wieder gefeiert wurde. Leider fehlt die Förderung der Aus- und Fortbildung der Anwender*innen durch Personen mit Berufskenntnissen.

    Die Sachlage:


    Wir führen Chemikant*innen in die Grundlagen der beruflichen Chemietechnik ein. Dazu benötigen wir theoretische Vorkenntnisse in der (real-)schulischen Mathematik, Physik und Chemie. Zum Beispiel in Mathematik.
    Wir bekommen nach Einsetzen der Zahlenwerte in eine Formelkombination eine Gleichung, die kombinierte Rechenarten erfordert. Die Chemikant*innen nehmen ihren speziellen Taschenrechner und lösen die Gleichung. Wenn alles ok ist, gibt es kein Problem, oder?

    Nun ist oft das Ergebnis falsch, und ich versuche den Rechenweg und die richtigen Eingabezahlen zu überprüfen. Das ist nicht möglich, es wird nach der Ergebnisdarstellung im Rechnerdisplay kein Rechenweg mehr dargestellt. Es fehlt die "Zurück"-Funktion oder eine "Chronik"-Funktion.

    Die beliebten Taschenrechner werden auch von Realschullehrern gefordert und kosten über 100 €. Damit floriert ein ganzer Industrie- und Handelszweig
    Die Rechner können echt viele Funktionen und Sonderdarstellungen. Es sind wahre Wunderwerke der höheren Mathematik.
    Bei Chemikant*innen lernen wir aber Grundlagen für die chemische Produktion. Dort ist die Dokumentation der Produktionsschritte (hier Rechenschritte) unbedingt erforderlich. Mit einem einfachen und billigen Taschenrechner wären die Einzelschritte auf Papier aufgeschrieben und nachverfolgbar gewesen. Eine Überprüfung ist dann schnell möglich.

    Der Hintergrund:


    In der Europäischen Normung (CEN) habe ich 8 Jahre (bis 2004) geholfen und dabei an Wegen für eine zukunftsfähige Produktion mitgearbeitet. Der aktuelle freie Wirtschaftsliberalismus fordert einige Zugeständnisse an die Wirtschaft von der Gesellschaft. Wir sollen der Wirtschaft die Verantwortung für die Produktqualität überlassen und keine Kontrollen (Gesetze) durchführen. Das ist dann der "new approach" oder "cross compliance" als Selbstkontrolle der Firmen.
    Voraussetzung dafür war die Einwilligung der produzierenden Betriebe, eine vollständige Produktdokumentation zu führen. Produkte und deren Inhaltsstoffe sollen bis zur Quelle (upstream documentation) transparent sein. Eine Qualitätskontrolle durch den Gesetzgeber soll dadurch nicht mehr erforderlich sein.
    Gute Ergebnisse sind zum Beispiel die Sicherheitsdatenblätter und Produkteinordnung in die "GHS".
    Die genaue Dokumentation einzelner Arbeitsschritte und Messwerte in der Produktion hat dadurch einen andern Stellwert bekommen als eine einfache Protokollnotiz im Schichtbuch der Chemikanten.
    Die Nachvollziehbarkeit der Arbeitsschritte ist in der Rechenaufgabe ebenso in der Produktion erforderlich für eine Fehlersuche oder auch nur für die nachfolgende Schicht. Der Stellenwert der Qualitätskontrolle ist in einigen Betrieben (Flugzeugbau) gut entwickelt.

    Fazit:

    Der hochmoderne teure Taschenrechner, der den Rechenweg nicht dokumentiert, ist ein schlechtes Vorbild, und Schüler*innen gewöhnen sich ggf. an solche Defizite. Er lenkt ab von den tatsächlich nötigen Schulungsinhalten, die in der Realschule leider oft vernachlässigt werden.
    Die nötigen "systemrelevanten Kenntnisse" sind z.B.:
    Das kleine 1 x 1
    Grundrechenarten, besonders Bruchrechnen
    Punkt vor Strich, Klammerregeln
    Dreisatz
    Gleichungen umstellen und auflösen
    Berechnen von Volumen
    Überschlagrechnen, besonders Dimensionen (Kommastellen)
    Umrechnen von wichtigen Einheiten (Meter, Gramm, Sekunden, Liter etc.)

    Dieser Taschenrechner ist ein Beispiel für die Ambivalenz der Technik. Trotz einiger Vorteile gibt es systematische Probleme, die wir nicht wegdiskutieren sollten. Der Markt, der mit der Technik viel Geld gewinnt, benennt die Probleme leider nicht. ("Risiken und Nebenwirkungen").

    Und noch ein Nachtrag zur

    digitalen Informationswelt


    Einsteiger*innen in chemische Berufe bekommen in der Realschulzeit wenig Informationen über den chemischen Alltag, aktuelle Vorkommnisse in der Chemie oder auch über die regionale chemische Produktion. Das Wissen über chemische Zusammenhänge ist mangelhaft und Chemie als Gesprächsthema fast nicht vorhanden.
    Was nicht deutlich "Prüfungsrelevant" ist wird nicht gelernt.

    Ich vergleiche das gerne mit den Kenntnissen über das aktuelle Fußballgeschehen. Ein beachtlicher Anteil der Jugendlichen ist hier gut informiert. In den Medien und als Gesprächsthema ist dann Fußball im Alltag präsent. Es wird Zeit und Medienraum verwendet, um die Fußballbegeisterung zu beleben.
    Ein Berufsfußballspieler sollte sich über das allgemeine Alltagsniveau hinaus besonders viel mit den Fußballinformationen befassen.
    An diesem Beispiel versuche ich zu erklären, dass eine Berufschemikerin täglich Zeit aufwenden sollte, um den aktuellen Stand der Chemiegeschehnisse zu verfolgen.

    Nun ist die digitale Welt ideal gut geeignet um viele Informationen zu bekommen. Es gibt im WWW Lexika (z.B. Wikipedia, Gifte.de, Google news…), die recht gut brauchbar sind. Diese Quellen und Hilfen nutze ich regelmäßig selbst.

    Für die Ausbildung verteile ich eine Liste mit wichtigen Links zur Chemie (vollständige URL-adressen, die aus dem Wordtext direkt aufrufbar sind).
    Am Grossbildschirm führe ich die Informationssuche im Internet zu den jeweiligen Arbeitsaufträgen vor.
    Einmal pro Woche zeige ich die Liste der aktuellen Chemieunfälle bei google-news und erkläre die chemischen Stoffe und den technischen Rahmen des Unfalls.
    Ein Rechercheauftrag an die Kursteilnehmer zeigt Hilflosigkeit und ggf. Empörung: "In der Schule mussten wir nie nach Stickoxide suchen".
    Jede*r Berufsanfänger*in hat einen PC oder tablet und direkten Internetzugang. Meine Hoffnung auf eine selbstständige Nutzung dieser Informationen ist allerdings bisher eine Illusion geblieben. Vermutlich wird die Digitalisierung genutzt für Videospiele und für Chat-Geplauder. Nicht mal "wetter-online" ist bekannt. Wir haben also für die Chemie einen riesigen perfekten digitalen Informationspool, an dem die Berufseinsteiger*innen kaum Interesse haben. Die vielgelobte "Medienkompetenz" ist bei dieser Zielgruppe (Chemie - Facharbeiter) bisher wohl nur eine werbewirksame Illusion, obwohl sie hier besonders nötig wäre. DAs sollte beachtet werden wenn die apparative Digitalisierung (Gerätekauf) so stark finanzgefördert gefeiert wird.
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